am Anfang war das Wort

Am Anfang war das Wort, heisst es in der Bibel.
von Bettina Bartels, Pfarrerin
Und ihr Anfang gibt ihr Recht:
Am Anfang war das Schöpferwort Gottes.
Doch was wäre, wenn da keiner gewesen wäre, der dieses Wort gehört hätte
und darauf Antwort gegeben hätte?
Etwa durch Werden, Sich-Entfalten, Abgrenzung, Beherrschen, Gestalten?
Und bald schon auch durch Widerworte?
Am Anfang war das Wort, heisst es in der Bibel.
Sollte es nicht vielmehr heissen, am Anfang war die Wahrnehmung?
Das Hören, Sehen, Schmecken, Ertasten, Riechen Gottes in der Welt?
Und dann die Antwort?
Und dann erst das Wort „Gott“?
Und dann erst die Rede von „Gottes Wort“, das allem vorausgegangen sei?
Und dann erst die Geschichten und das Buch: „Wort Gottes“?
Am Anfang war das Wort, heisst es in der Bibel.
Ich aber sage Euch: am Anfang war die Wahrnehmung Gottes durch Menschen.
Und die Bibel ist voll solcher Wahrnehmungen und voller Antworten.
Und darüber müssen wir uns verständigen:
über unsere Wahrnehmungen Gottes und das Bild, das wir uns von ihr machen wie Künstler
und vor nichts zurückschrecken – nur vor der gepachteten Wahrheit
und immer wenn wir meinen, wir hätten sie,
nocheinmal hinhören, hinsehen, hinschmecken, hintasten, hinriechen
bis wir vielleicht Befreiung erfahren und Erlösung,
denn nur dafür steht das Wort Gott:
für das, was wir nicht aus uns selbst schöpfen können,
das Geheimnis, das uns entgegenkommt und uns anspricht
in meinen Menschenworten:
Kraft der Liebe, Kraft, die verwandelt, Lebenskraft
Aber vielleicht sind Künstler die besseren Theologen.