Eine Ausstellung über die Zeit
Eine Ausstellung über die Zeit
Carmen Cabert in der Kulturschüür in Männedorf
Fünf Räume umfasst die Ausstellung mit Werken von Carmen Cabert in der Kulturschüür in Männedorf. Die Ausstellung ist gegliedert in fünf Schaffensphasen mit ihren unterschiedlichen Themen. Ausgestellt sind auch noch nie öffentlich gezeigte Arbeiten. Die Künstlerin ist vor Ort und freut sich darauf, über ihr Kunstschaffen zu erzählen.
Von Regula Zellweger
Wer das Schaffen von Carmen Cabert erfassen will, muss sich auf vielerlei Themen einlassen. Sie sagt von sich: «Wenn alles sich horizontal bewegt, orientiere ich mich vertikal. Wenn alles auf eine Linie zuläuft, fächere ich mich auf. Als neugieriger Mensch faszinieren mich verschiedene Dinge gleichzeitig und doch folge ich gewissen Themen über Jahre hinweg. Die Themen vernetzen sich, regen einander an und fordern ständig wechselnde Ausdrucksweisen.»
Ihr Stil ist nicht auf einen Blick erkennbar, das strebt sie nicht an. Sie sucht die optimalen Werkzeuge für ihre Themen. Das sind Objekte, Acrylbilder, Skizzen, Frottagen, Land Art – und auch immer wieder das Wort. Vielfältigkeit bedeutet aber nicht Oberflächlichkeit. Die Bonstetter Künstlerin beisst sich an einem Thema fest, taucht ein, umkreist es, transformiert es, bleibt oft über Jahre dran und nimmt es nach Pausen wieder auf. «Eine Freiheit, die mir viel bedeutet. Meine Handschrift bleibt erkennbar für die, die mein Werk kennen.»
Fünf Räume – 5 Zeiten
Was vor mehr als 500 Jahren als Scheune eines Kleinbauernhauses seinen Anfang nahm, ist seit März 2009 als Kulturschüür Männedorf ein beliebter Ort für Ausstellungen und ein kultureller Treffpunkt in der Seegemeinde. In diesem denkmalgeschützten Kleinod stehen für Ausstellungen vier Räume und das Foyer zur Verfügung.
Das Foyer widmet Carmen Cabert dem Thema «Corona». Sie machte ein Jahr lang konsequent Notizen. Während der Corona-Zeit schrieb Carmen Cabert viel. «Notzeit und Notizen bestehen aus ähnlichen Buchstaben», erklärt sie. Ende des Jahres entstanden sechs Bilder, Acryl auf Leinwand. Sie spiegeln, was die Künstlerin in dieser Zeit beschäftigte: Zwischenzeiten, Zwischenräume, Distanz. «Das Verbindende ist immer die Suche nach dem Dazwischen. Was passiert zwischen den Gedanken, den Gesprächen, vor der Manifestation eines Wortes, Bildes oder eines Objektes?»
Im Raum 1 mit dem Thema «Baumzeit» begegnet man als Installation einem Baumstamm, in elf Würfel geschnitten. Meine Würfelfreunde nennt sie sie. 2021 sind auf der Basis der «Würfelfreunde» sechs farbenfrohe Bilder entstanden.
In Raum 1 kann man Formen betrachten, welche die Natur geschaffen hat. Umrisse von Bäumen in Draht nachgeformt und ineinander verwoben, Frottagen von Strukturen von Bäumen – und sofort denkt man an die mit weisser Farbe bemalten Baumstrünke, ein Landart Projekt von Carmen Cabert. Mit „Weisse Flecken dieser Welt“ 2008, begann die Auseinandersetzung mit Bäumen mit 66 bemalten Baumstrünken. «Die Bäume kommunizieren mit mir, inspirieren auch meine Freunde zu Texten.» 2016 führte sie dieses Projekt am Türlersee weiter: „Sehblick“, mit 33 weiss bemalten Baumstrünken.
Auseinandersetzung mit biblischen Themen
Raum 2, betitelt mit «Zeit für die Schrift», zeigt Spuren der Jahrzehnte langen Auseinandersetzung mit der Bibel. Man erinnert sich an die Ausstellung der Künstlerin im Kloster Kappel. Sie schuf eine abstrakt «ausgezeichnete Bibel». Vier Originale sind hier zu sehen und das Buch dazu.
Während ihrem Atelieraufenthalt in einer Klause im Kloster Ittingen liess sie sich zu einem Dialog mit Bruder Bruno, dem Gründer des Kartäuser Ordens inspirieren. Fiktive Briefe entstanden. Diese wiederum motivierten Gisa Lang-Heyn für Texte zu den Bildern. Im mit «Vor langer Zeit» betitelten Raum kann man die Zeit in Ittingen nachvollziehen.
Raum 4 dient der «Jetztzeit». Hier arbeitet Carmen Cabert in der Atmosphäre dieses geschichtsträchtigen Hauses mit Blick auf den Zürichsee. Was entsteht, wenn sie sich im Hier und Jetzt auf die stimmungsvolle Atmosphäre der speziellen Galerie einlässt, weiss sie selbst noch nicht.
Auf alle Fälle freut sie sich auf Gespräche mit vielen interessierten Ausstellungsbesuchern. Oder wie sie es ausdrückt: «Die Ausstellungszeit nutze ich gern, um mein Fenster zur Welt weiter aufzustossen.»