Künstleratelier Kartause Ittingen

Arbeitsaufenthalt im Künstleratelier in der Kartause Ittingen
 
Carmen Cabert Steiner verbrachte sechs Wochen in einer Klause
 
Die Stiftung Kartause Ittingen stellt Künstlerinnen, Schriftstellern und Wissenschaftlerinnen zwei der ehemaligen Mönchsklausen für stille Tätigkeiten zur Verfügung. Die Bonstetter Künstlerin Carmen Cabert Steiner hatte sich beworben und nun gingen am Wochenende die sechs Wochen Arbeitsaufenthalt bereits zu Ende.
 
Von Regula Zellweger
 
Es hat alles Nötige in einer Klause – aber nicht mehr. Die Kartause Ittingen ist ein idealer Ort, wo man konzentriert arbeiten kann. Wo sich damals Mönche schweigend dem Gebet gewidmet haben, herrscht noch heute eine besondere Energie. Die Bonstetter Künstlerin Carmen Cabert Steiner hat nicht nur viel gearbeitet, sondern sich auch eingelassen in die Atmosphäre, wahrgenommen, was die Umgebung mit ihr gemacht hat.
 
Bereits vor 15 Jahren Das Projekt, an dem sie arbeitete, begann bereits vor 15 Jahren mit einer Auseinandersetzung mit der Bibel: «Am achten Tag - Freiraum für eigene Gedanken». Ihr philosophisches Interesse am Menschsein, an der Suche nach Wahrheit, an der Auseinandersetzung mit Dogmen und Manipulation und ihr religiöses, spirituelles Empfinden hat sie nun wieder ins Zentrum gerückt: «Wie wunderbar, ich darf sechs Wochen im Künstleratelier der Kartause Ittingen arbeiten, ein kraftvoller, Energie geladener, inspirierender Ort. Meine abstrakt AUSgezeichnete Bibel ist für die Öffentlichkeit bereit und wartet auf ihren Auftritt. Ohne Worte - das Bild wirkt. Neugierig, was noch alles in mich strömt und aus mir sprudelt, geniesse ich dankbar mein DASEIN, oft im Dialog mit dem Bruder Bruno», erzählet sie am Gartentisch vor ihrer Klause.
 
Bruder Bruno Der Kartäuser Orden wurde im 11. Jahrhunderts von Bruno von Köln gegründet. Bruno war für Enthaltsamkeit, Schweigen und Askese, machte aber Kompromisse: Die Häuschen waren durch Gänge untereinander verbunden und an Sonn- und Feiertagen wurden die Mahlzeiten gemeinsam eingenommen. Heute stehen die Klausen Rücken an Rücken mit dem Kunstmuseum Thurgau. Neben der Atmosphäre der Spiritualität noch ein Aspekt, der die Kreativität positiv beeinflusst. Carmen Cabert Steiner, eine kommunikative Frau, erzählt mit ihrer eigenen Logik: «Ich habe noch nie so viel geschwiegen wie hier. Aber im 11. Jahrhundert wurden die Menschen nicht mal halb so alt wie heute. Also mussten sie auch nicht so lange schweigen.» Obwohl sie am Anfang lernen musste, auch Leere zuzulassen, hat sie sich schnell ins Alltagsleben in der Kartause integriert und besuchte ökumenische Andachten und andere Anlässe.  
 
Dem Biorhythmus folgen Die Zisterziensermönche befolgten strenge religiösen Regeln, für ihre Alltagsbedürfnisse sorgten Laienbrüder. Sehr viel Ora, wenig Labora. Sie gingen Hobbys nach, die in der Klause realisierbar waren, beteten und lasen viel. «Die haben bestimmt mit sich selbst gesprochen», behauptet die Bonstetter Künstlerin lachend. «Ich habe mich oft mit Bruder Bruno unterhalten.»
Eine neue Erfahrung war das Glück, dem eigenen Rhythmus folgen zu können: Schlafen, wenn man müde ist. Essen, wann und wozu man Lust hat, arbeiten, wenn die Ideen kommen. Egal, welche Zeit die Uhr anzeigt.  Carmen Cabert Steiner ist sehr dankbar, dass sie diese Erfahrung machen durfte.  
 
Nachhaltigkeit In Zukunft wird sie «weniger herumzappeln», bewusster leben, sich gut zentrieren, den Biorhythmus berücksichtigen. Sie will Balance finden: «Mehr Raum für Zwischenraum.» Auch körperliche Aktivitäten braucht es, um Zufriedenheit zu erlangen und zu erhalten. Sie postuliert: Jeder soll sich eine solche Auszeit gönnen – nicht erst, wenn ein Burnout oder andere Probleme es nötig machen, sondern vorher. «Ich konnte in Ittingen meine trüben Quellen klären.»  Und es sind viele Zeichnungen entstanden, die in Zukunft auch öffentlich gemacht werden sollen. Die Aufnahme des alten Projektes und dessen Transformation erklärt sie so: «Nur ein Kreis, der sich öffnet, wird zur Spirale.» Die AUSgezeichnete Bibel ist keine Illustrierte Bibel, sondern eine Anregung, eine Anmutung, sich selbst mit den Themen auseinanderzusetzen. Es sind intuitive, abstrahierte und visualisierte Gedanken, die unendliche viele Interpretationen zulassen.