Mensa Projekt - Die andere Art von Retrospektive

Dr. Lothar A. Blum, Kunstkritiker 2015

Ein paar schwarz überzogene Tische. Teller darauf. Auf den Tellern Kunstwerke oder Teile von Kunstwerken. Eine Retrospektive? Wohl kaum! Und doch …

Carmen Cabert schaute vom 29. Mai bis 14. Juni 2014 zurück in ihre künstlerische Vergangenheit und mit ihr zahlreiche Kunstinteressierte. Aber - und das ist das Eigenartige, vielleicht sogar Einmalige an dieser Ausstellung - Sie zeigte auch ihre Gegenwart. Diese schon fast ans Paradoxe anklopfende Feststellung lässt sich entschlüsseln. Mitunter leicht entschlüsseln. Und auch wieder nicht leicht entschlüsseln. Ganz so, wie wir es von Kunst wünschen, manchmal auch verlangen.

13 Tische. Jeder Tisch mit einer anderen Anzahl von Tellern. Von 1 bis … Auf den akribisch arrangierten Tellern lagen Kunstwerke früheren Kunstschaffens. Der solitäre Teller des Tisches 1 barg ein hölzernes Herz, gewunden, sich in Form gebracht, man konnte Leiden und Erfolg sehen - wenn man wollte. Es war Carmen Caberts Tisch. Auf anderen Tischen sah man gehäkelte Filme, sah Bibeln, ohne das geschriebene Wort, nur noch Hülle, nur noch Symbol, man sah kleine, fast winzige Aschebilder als neu erstandenes Kondensat von Vergangenem, auch sah man ein ‚Stück weißer Flecken', sah Abklatschbilder, man sah Carmen Caberts künstlerische Vergangenheit. Teils geordnet. Teils gemischt. Immer ehrlich.

Gut inszeniert, könnte man sagen. Eine clevere Retrospektive. Und ich sage: Nicht nur! Denn Carmen Cabert hat 13 Autoren um ihre Assoziationen gebeten. Jeder zu ‚seinem' Tisch, einem von dreizehn. Wie wir alle wissen, geschehen Assoziationen einfach. Sie lassen sich nicht kontrollieren. Das ist etwas sehr Persönliches. Man bittet damit um ein Stück Innerstes von Jedem. Und diese Autoren waren keine von Kunst Unberührten. Allesamt hatten direkt oder indirekt mit Kunst zu tun. Was dabei entstand, war eine Art ‚Metakunst'. Aufbauend auf etwas bereits Geschehenem, einem solitären Kunstwerk, wurde eine Assoziations- beziehungsweise Reflexionseinheit hinzugefügt, mit dem wunderbaren Ergebnis - nimmt man alle 13 Tische zusammen - einer neuen Ganzheit, einer künstlerischen Entität, einem Metakunstwerk.

Eine Retrospektive? - Ja. - Aber bei weitem nicht nur!