Sehblick am Türlersee

Landart von Carmen Cabert Steiner als Basis für Aktion und Interaktion

Viel Beachtung fanden die „Weissen Flecken dieser Welt“ in Bonstetten 2008. Nun lädt Carmen Cabert mit ihrem neuen Landart-Projekt am Fusse des Albis mit Blick auf den Türlersee ein zum Betrachten, Sinnieren, Philosophieren und Schreiben – wiederum mit weiss bemalten Baumstrünken.

Von Regula Zellweger

Als 2008 plötzlich weisse Flecken aus dem Wald in Bonstetten leuchteten, war man irritiert, fragte sich: “Was soll das?“ Das Werk von Carmen Cabert, die mit Farbeimer und Pinsel im Wald herumkraxelte und die Schnittflächen von Baumstrünken weiss bemalte, bewegte. Sie brachte Menschen - von erstaunten Passanten bis zu versierten Kunstverständigen – dazu, über die Natur, das Leben, das Werden und Vergehen, Sinn und Achtsamkeit nachzudenken. Carmen Cabert will mit ihren Projekten und Werken immer eine Wechselwirkung erzeugen.



Wechselwirkung

Bäume sehen auf den See, vom See sieht man die Bäume. Und wenn von den Bäumen nur noch weisse Ovale zu sehen sind, nennt Carmen Cabert dies „Sehblick“.
Mit ihrem Landart-Projekt will sie zum Philosophieren und Schreiben anregen. Was wie zufällig wirkt, ist bewusst organisiert und komponiert. Zuerst musste die Bonstetter Künstlerin die Erlaubnis der Waldbesitzer einholen. Sowohl die Albisbrunn Stiftung als auch die Gemeinde Hausen liessen sich sofort für das Projekt begeistern. In einem zweiten Schritt beschäftigte sich Carmen Cabert mit dem steilen Hang, wo bereits Bäume gefällt worden waren. Sie bezeichnete ausgewählte Strünke mit Sprayfarbe und engagierte einen Holzfäller, der nochmals je ein Stück Stamm in einem bestimmten Neigungswinkel so absägte, dass die Schnittflächen vom Türlersee aus gut zu sehen sind. Nichts ist dem Zufall überlassen, die Künstlerin weiss genau, wie sie es haben möchte. Sie komponiert mit den weissen Flecken eine Melodie, setzt einen Rhythmus fest.

Vergehen und Werden

Das neue Landart-Projekt von Carmen Cabert wirft ein Schlaglicht auf den Übergang von Ende und Neuanfang. Die weisse Farbe verdeutlicht dem Spaziergänger den Generationenwechsel am Waldrand. Landart ist vergänglich. Die Rückeroberung durch die Natur hat bereits begonnen. „So lange es die Natur erlaubt“, beantwortet Carmen Cabert die Frage nach der Dauer der Ausstellung im Wald. Mit Frottagen der Baumstrünke setzt die Künstlerin die Geschichten der Bäume im Atelier fort. Sie fotografiert zudem und bearbeitet die Fotos zu neuen Werken, denn in den Schnittflächen sieht sie beispielsweise Gesichter. Wenn sie am Türlersee ist, spricht sie Leute an, lässt sich in Gespräche ein. Auf ihrer Webseite sammelt sie Texte von Menschen, die sich von den weissen Flecken zum Schreiben inspirieren liessen.
Im Restaurant Erpel am Türlersee sind zusätzlich Werke der Künstlerin ausgestellt..

Carmen Cabert will etwas anstossen, das durch die Reaktion der Betrachter zu etwas Neuem, wird.